Heute ist unser Trauungspriester, Abt em. Dr. Burkhard Ellegast, im Alter von 90 Jahren verstorben. Unter seiner Ägide hat das weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannte Stift Melk einen enormen Aufschwung genommen. 

Ich möchte dies zum Anlass nehmen, um ein wenig über diesen Menschen, (m)ein Vorbild, zu erzählen und was wir von ihm lernen können.

MACH ES ANDERS! 

 

2010 veröffentlichte der Melker Alt-Abt ein Buch unter dem Titel „Der Weg des Raben“ – ein Ratgeber und Mutmacher für eine Welt, die wir nicht mehr verstehen.

Auch heute, 12 Jahre später, verstehen wir kaum oder oft gar nicht mehr die Gemeinschaft in der wir leben. Die gesellschaftliche Spaltung durch ungerechte Verteilung vorhandener Mittel oder auch die Impfdiskussion haben uns voneinander entfernen lassen.

Es ist uns in den letzten Jahrzehnten sogar gelungen, Gott aus unserem Denken zu verdrängen, wobei dem Melker Alt-Abt nichts ferner lag als die Menschen dafür zu verteufeln. In seinem Buch zeigt er auf, wie es soweit kommen konnte und räumt sogar ein, dass die katholische Kirche an dieser Situation nicht ganz unschuldig ist. Vor allem aber bietet er Lösungen, wie wir in offenbar aussichtslosen Situationen einen neuen Weg in die Freiheit finden können. Aus seinem eigenen Leben erzählt er:

„In meinem Noviziatsjahr machte ich mich mit zwei weiteren Novizen uns unserem Novizenmeister auf den Weg, um eine kurze Wallfahrt zu unternehmen. Wir konnten dafür das Auto unseres Abtes benutzen. Auf dem Heimweg hielt uns ein Passant an. Am Straßenrand saß eine Frau, der offensichtlich nicht gut war. Wir wurden gebeten, sie zum Arzt zu bringen. Als wir Novizen uns daran machten, ihr zu helfen, erklärte uns der Novizenmeister, dass wir dazu keine Zeit hätten, weil um 18 Uhr unser gemeinsames Chorgebet beginne. Ich sehe heute noch die Fäuste, die man hinter uns ballte, als wir weiterfuhren, ohne zu helfen. Ich war perplex und musste an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter denken. Als mein Zorn nach dem Vorfall mit der Frau am Straßenrand ein wenig verflogen war, ging ich zu meinem Novizenmeister und redete mir meinen Unmut von der Seele. <Der war halt ein bißchen schlecht>, war alles, was er sagte.

Was sollte ich bloß bei einem „Verein“, wo das Chorgebet wichtiger zu sein schien, als unseren Mitmenschen konkrete Hilfe zu leisten?

Einige Monate vor meiner Priesterweihe hatten wir Exerzitien, eine Art Einkehr und Überdenken des eigenen Weges. Meinem Exerzitienleiter erzählte ich von dem Erlebnis mit der Frau am Straßenrand. Er hörte mir aufmerksam zu, blickte mich an und sagte dann die Sätze, die meinem Leben bis heute seine Richtung geben: <Warum regen Sie sich über diesen alten Mann auf? Machen Sie es doch anders!>

Der Melker Alt-Abt machte es anders. Er machte es so gut, dass er heute als großer Visionär, ein Vorbild, ein Ermutiger bezeichnet wurde, der einen starken Willen besaß und viel Kraft, um Dinge zu realisieren.

Sein flammender Appell, dass wir unsere Grenzen neu ausloten sollen, möge uns alle begleiten, unseren Weg ebnen und Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen.

Mir wird er immer mit seiner Offenheit und Neugier in Erinnerung bleiben und seiner Antwort auf die Frage, ob ich bete, dass nämlich jeder Gedanke an Gott und jedes Zwiegespräch mit Gott ein Gebet sei.

Heute, am 31.01.2022, ist der alte Rabe heimgeflogen.

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