G wie Geburtstag, Grenze und Glaubenssätze.

>>Geboren am 27. Oktober 1971 in Gmünd, einer durch den eisernen Vorhang seit Jahrzehnten geteilten Stadt, in der auf der einen - meinen Seite - sprichwörtlich die Sonne schien, während es im anderen Teil der Stadt, düster und undurchsichtig zu sein schien.
„Sie hat so viele Runzeln im Gesicht, sie schaut aus wieder der Großvater“, sagte mein Vater angeblich, als er mich nach der Geburt zum 1. Mal zu Gesicht bekam.
Dennoch hat mich das Leben gelehrt, dass die Dinge oft nicht so sind wie sie zu sein scheinen und man gut daran tut, die Dinge von mehreren Seiten zu betrachten. Dazu hatte ich allerdings erst 1989 eine Chance, nachdem der eiserne Vorhand fiel. <<

Diese Zeilen habe ich bereits vor etlichen Jahren in meinem 1. Schreibseminar zum Thema Biografiearbeit festgehalten. Sie könnten der Anfang meiner Autobiografie sein, das war seinerzeit zumindest die Aufgabenstellung.

Tatsächlich beginnen bei diesen Zeilen meine Gedanken Purzelbäume zu schlagen:
Meine Eltern, die mit dem Mitternachtsschlag der Kirchturmuhr in Richtung Krankenhaus losgefahren sind, ehe ich bereits 60 Minuten später meinen 1. Schrei gemacht habe.
Meine Kindheit an und geprägt von der Grenze, mit einer dahinterliegenden Welt, die mir so fremd war wie ein anderer Kontinent und von der man sich immer in Acht nehmen musste.
Zöllner, die meiner Mutter nahegelegt haben, mit den Kindern nicht mehr mit dem Fahrrad der Grenze entlang zu radeln, weil tschechische Behörden vermuten, dass meine Mutter eine Spionin wäre und bereits Erkundigungen einholen.
„Die Grenze ist gefährlich“. Ein Glaubenssatz, der mich bis 1989 begleitet hat, obwohl ich bereits Mitte der 80er Jahre mit meiner Brieffreundin Brigitte ein unvergesslich positives Erlebnis an der Grenze hatte. Ein tschechischer Zöllner hat eine Rose aus dem kargen Blumenbeet auf tschechischer Seite gepflückt und uns Teenagern von weitem entgegengestreckt und uns signalisiert, dass wir uns die Rose holen sollen. Nachdem „die Grenze ist gefährlich“ oberstes Gebot war und es mir strengstens untersagt war, dem Grenzbalken zu nahe zu kommen, hat dann aber ein Erwachsener sein OK gegeben, sodass Brigitte bis zum Grenzbalken gegangen ist und sich dort die Rose abgeholt hat. Für mich war der Grenzbalken dennoch tabu und ich fand es historisch und enorm mutig, was Brigitte getan hat.

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