Nach einer schöpferischen Pause geht es heute weiter in meinem Lebensalphabet, wobei mir aufgefallen ist, dass ich bisher überwiegend positiv besetzte Begriffe erwähnt habe. Auch heute halte ich das so, selbst wenn es auf den 1. Blick für manchen nicht so scheint.

N wie Nasebohren.

"Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach da zu sitzen und vor sich hin zu schauen." (Astrid Lindgren)
Einige solcher Momente waren mir in den vergangenen 2 Wochen Pause beschert. Sie eignen sich auch hervorragend zum Nasebohren. Fadesse im Sinn von Nasebohren aus Langeweile nehme ich – nicht zuletzt aus eigener Beobachtung - als enorm wichtig wahr. In diesen Situationen habe ich die kreativsten Einfälle.

In der Pandemie hat das Wort Nasebohren eine neue Bedeutung bekommen. Diese Art von Nasebohren liegt mir nicht besonders. Wenn ich einen Antigen-Selbsttest daheim mache, kostet es mich manchmal etwas Überwindung, das Teststäbchen so weit Richtung Hirn hochzuschieben bis es kitzelt als wäre ein Ameisenhaufen in meinem Kopf gerade auf Völkerwanderung. Was folgt ist immer das gleiche: ein Niesen als hätte ich Schnupftabak aufgezogen. Schnupftabak – auch so eine Sache, die es heute wohl nicht mehr gibt, während in meiner Kindheit alte Männer wortlos sinnierend mit ihren Schnupftabakdöschen auf einer Bank vorm Haus gesessen sind. Vergleichbar ist dieses Produkt und Ritual heute vielleicht ein wenig mit Snus, einem im Norden von Europa verbreiteten - neues Wort - Oraltabak.

N wie Norden

= dort wo das Klima rau, wo es meist kalt bzw. in Bezug auf Österreich oft am kältesten ist und wohin es die wenigsten freiwillig zieht. Auch, dass der Mensch, der im Norden lebt, sich eine gewisse Rauheit aneignet und Widerstandskraft eine hilfreiche Eigenschaft ist, hört man immer wieder über die Menschen aus dem Norden.

So ähnlich würde ich meine eigene Konstitution beschreiben. In meinem Elternhaus war es nicht immer und schon gar nicht in allen Zimmern warm. Abends, wenn der Ofen noch warm war, war es oft meine Aufgabe, den nächsten Korb Holz reinzuholen, damit meine Mama am nächsten kalten Morgen zum Einheizen „nur“ bis in die kalte Küche gehen musste und nicht gleich durch den kalten Schnee in den Holzschupfen stapfen musste. Meistens war es auch schon kuschelig warm, wenn ich aufgeweckt wurde, aber sonntags, wenn das Tagwerk meiner Eltern nicht vor 6 Uhr morgens begonnen hat, habe ich es meist erleben können, wie es sich anfühlt, wenn Wärme im Haus fehlt.

N wie Nebel.

„Schau, wie schön der Neben dort hängt.“ Wenn ich das im Herbst am Heimweg ins Waldviertel erwähne, ernte ich auch nach Jahren noch Unverständnis und Kopfschütteln von Heinz. Mir ist bewusst, wie gefährlich dichter Nebel im Straßenverkehr sein kann, aber Nebel hat auch etwas sehr Mystisches, was ich sehr mag. Nebel verdeckt Dinge, die sind, wo sie immer sind und die man trotzdem nicht zu sehen imstande ist. Das wirkt auf mich rätsel- und zugleich zauberhaft. In meiner Erinnerung rieche ich förmlich die Feuchtigkeit des Nebels und wie dicht dieser oft war, wenn ich abends vor dem Tor meines Elternhauses gestanden bin und die Uhr am alten Rathaus in Gmünd kaum mehr zu sehen war.

N wie Nachhaltigkeit.

Diesen „Lifestyle“ habe ich schon immer gelebt und auch vorgelebt bekommen. Nichts im Leben ist wertlos und die Dinge haben jenen Wert, den man ihnen beimisst. Heutzutage kennen viele Menschen den Preis von Waren, nicht aber ihren Wert.

Meine Eltern haben mir vermittelt, dass Dinge, die in meinem Leben an Wert verloren haben, für jemand anderen jedoch von großem Wert sein können. Genauso können Dinge zweckentfremdet oder wiederverwendet werden. An Ideen (siehe I) mangelt es mir wie gesagt nicht. So z.B. verarbeite ich gerne Naturmaterialen, die ohnehin ein Ablaufdatum haben. In meinem jährlichen Adventkranz finden sich oft Gegenstände und Dekomaterialien, die mich an etwas Schönes im ablaufenden Jahr erinnern oder mir schlichtweg in die Hände fallen. Hübsche leere Flaschen verwende ich als Vasen (oder stifte Heinz an, Lampen daraus zu machen), alte Jeans oder Schuhe werden zu Pflanzenübertöpfen umfunktioniert, aus alten Büchern bastle ich Christbaumschmuck, Zeitungen verwende ich als Geschenkpapier … und im Haus meiner Großeltern wurde Zeitungspapier in meiner Kindheit als Toilettenpapier verwendet, was für meinen zarten Babypopo jedes Mal eine gefürchtete Tortur war. Meine Mama machte aus einer alten Badewanne übrigens ein Kräuterhochbeet und hat Kunden schon in den 80er-Jahren gebeten, zum Einkauf in der Fleischhauerei eigene Frischhaltedosen mitzubringen.

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